Anwalt – Organhaftung nach Art. 52 AHVG

 

  1. Organhaftung nach Art 52 AHVG
  2. Schadenersatzpflichtige Person
  3. Geschäftsführung; AHV-Beitrag
  4. Subsidiäre Organhaftung
  5. Solidarhaftung und Regress
  6. Verjährung der Schadenersatzforderung
  7. Haftung des Verwaltungsrats
  8. Haftung des Geschäftsführers
  9. Haftung der Revisionsstelle
  10. Haftung der Erbinnen und Erben

 

 

 

Organhaftung nach Art 52 AHVG

Organhaftung nach Art. 52 AHVG
 
Wenn der Ausgleichskasse aus der Nichtbezahlung von Beiträgen ein Schaden entsteht, haftet die Arbeitgeberin der Ausgleichskasse für die entgangenen Beiträge und den dadurch entstandenen Schaden. Für die Beitragsausstände haftet in erster Linie die Arbeitgeberfirma. Subsidiär sind auch die Organe der Arbeitgeberfirma haftbar für den der Ausgleichskasse absichtlich oder grobfahrlässig verursachten Schaden. Die verantwortlichen Organe haften bei Missachtung von AHVG-Vorschriften solidarisch und werden durch die Ausgleichskasse mittels Schadenersatzverfügungen in die Pflicht genommen.

 

 

Schadenersatzpflichtige Person
 

Schadenersatzpflichtige:
 
Die Organhaftung resp. Schadenersatzpflicht erstreckt sich auf die im Handelsregister eingetragenen Organe wie Verwaltungsräte, Geschäftsführerinnen und alle natürlichen Personen, die die juristische Person (Arbeitgeberfirma) als formelle Organe nach aussen vertreten. Zusätzlich können auch nicht im Handelsregister verzeichnete Personen haftbar gemacht werden. Dazu gehören auch faktische Organe. Sie können von der Ausgleichkasse ebenfalls belangt werden: Faktische Organe sind Personen, welche die den formellen Organen vorbehaltene Entscheide tatsächlich treffen oder die im Geschäftsalltag die Geschäftsführung besorgen und die Willensbildung der Arbeitgeberin massgebend beeinflussen.

Geschäftsführung  –  AHV-Beitrag

Geschäftsführung; AHV-Beitrag;

Wer als Verwaltungsrat einer AG oder als Gesellschafter einer GmbH im Handelsregister eingetragen ist, muss es als eine seiner wichtigsten Pflichten betrachten, dafür zu sorgen, dass die Sozialversicherungsbeiträge stets bezahlt werden.  Die Organhaftung erstreckt sich auf den Zeitraum, in dem das Organ auf den Geschäftsgang der Arbeitgeberin Einfluss nehmen konnte. Die Problematik ist umso brisanter, als die Forderungen der SVA sehr hoch sein können und ausserdem mit 5% Verzugszins dotiert sind.

 

 

Subsidiäre Organhaftung

Subsidiäre Organhaftung:

Die Ausgleichskasse hat sich zuerst an der Arbeitgerberfirma schadlos zu halten und hat den Beitragsausstand in erster Linie bei der Arbeitgeberin geltend zu machen. Die subsidiäre Organhaftung kommt erst zum Tragen, wenn die Arbeitgeberfirma nicht mehr existiert oder zahlungsunfähig ist.

Die wesentliche Voraussetzung für die Schadenersatzpflicht besteht nach dem Wortlaut von Art. 52 AHVG darin, dass der Arbeitgeber absichtlich oder grobfahrlässig Vorschriften verletzt hat und dass durch diese Missachtung ein Schaden verursacht worden ist. Art. 52 AHVG statuiert eine Verschuldenshaftung aus öffentlichem Recht.

Die Beitragszahlungs– und Abrechnungspflicht des Arbeitgebers ist eine gesetzlich vorgeschriebene öffentlichrechtliche Aufgabe. Dazu hat das Bundesgericht wiederholt erklärt, dass die Nichterfüllung dieser öffentlichrechtlichen Aufgabe eine Missachtung von Vorschriften i.S.v. Art. 52 AHVG bedeute und die volle Schadensdeckung nach sich ziehe (BGE 111 V 173 E. 2, 108 V 186 E. 1a und 192 E. 2a; ZAK 1985 S. 619 E. 3a).

 

 

Solidarhaftung und Regress

Solidarhaftung und Regress:
Mehrere Organe haften gegenüber der Ausgleichskasse solidarisch. Die Ausgleichskasse kann gegen alle vorgehen oder nur gegen einzelne Organe. Wenn gegen alle Organe eine Schadenersatzpflicht verfügt wird, verlangt die Ausgleichskasse den Ersatz des gesamten Beitragsausstandes, ungeachtet des Innenverhältnisses unter den Solidarschuldnern. Der Schaden (Beitragsausstand) muss gegenüber der Ausgleichskasse durch eine Missachtung der Vorschriften entstanden sein. Diese grobfahrlässige Missachtung muss jeder Solidarschuldnerin individuell nachgewiesen werden können.

 

Verjährung der Schadenersatzforderung

Verjährung der Schadenersatzforderung gemäss Art. 52 AHVG

Die Schadenersatzforderung der Ausgleichskasse verjährt innert 3 Jahren seit Kenntnis des Schadens, dessen Ausmass sowie der ersatzpflichtigen Person. Die Verjährung tritt spätestens innert 10 Jahren seit Schadenereignis ein. Die Ausgleichskasse muss innert Frist eine Schadenersatzverfügung erlassen, um den Eintritt der Verjährung zu unterbrechen. Die Unterbrechung bewirkt, dass sowohl die dreijährige als auch die zehnjährige Frist neu zu laufen beginnt. Lässt die Ausgleichskasse die dreijährige Frist verstreichen, ohne zu verfügen, ist der Schadenersatzanspruch verjährt, dies auch wenn die zehnjährige Frist noch laufen würde.

Die neuen Verjährungsregeln gelten für alle Schadenersatzansprüche, die am 1. Januar 2020 nach den alten Regeln noch nicht verjährt waren.

 

 

Haftung des Verwaltungsrats

Haftung des Verwaltungsrats:

Verwaltungsrätinnen haften nicht für den der Ausgleichskasse vor ihrem Eintritt in den Verwaltungsrat entstandenen Schaden. Dagegen erstreckt sich die Haftung vor Schadenseintritt auch auf die bei der Mandatsübernahme bereits verfallenen resp. noch nicht bezahlten Beiträge. Der Schaden tritt ein, wenn die geschuldeten, verfallenen Beiträge von der Ausgleichskasse aus rechtlicher oder tatsächlicher Sicht nicht mehr eingefordert werden können: Wenn die Firma untergegangen oder zahlungsunfähig ist.

Bei offensichtlichen Verlusten von bedrohlichem Ausmass müssen sich Verwaltungsratsmitglieder über die AHV-Beitragsabrechnungen und Beitragsablieferung resp. Beitragsentrichtung an die Ausgleichskasse informieren, Weisungen erteilen oder Kontrollen initiieren. Die Delegation der Geschäftsführung entbindet die Verwaltungsrätinnen nicht von der diesbezüglichen Überwachungs- und Kontrollpflicht.

 

 

Haftung des Geschäftsführers

 

Haftung des Geschäftsführers:

Mit der Geschäftsführung betraute Personen einer GmbH haften gegenüber der Ausgleichskasse als formelle Organe, so lange wie sie den Geschäftsgang durch Handlungen oder Unterlassungen beeinflussen können. Geschäftsführer ohne juristische Kenntnisse sind von der Haftung nicht befreit.

Geschäftsführerinnen müssen die ihnen bei der AHV-Beitragsabrechnung und Beitragszahlung an die Ausgleichskasse zwingend obliegenden Überwachungsfunktionen grundsätzlich auch bei Arbeitsunfähigkeit vornehmen oder delegieren und kontrollieren.

Im Unterschied zur Geschäftsführerin einer GmbH haftet ein Geschäftsführer einer AG für die der Ausgleichskasse entgangenen AHV-Beiträge nur, wenn er materiell auch als Organ der AG zu betrachten ist. Geschäftsführer einer AG ohne materielle Organstellung haften nicht nach Art. 52 AHVG.

 

Haftung der Revisionsstelle

Haftung der Revisionsstelle:

Auch die Verletzung der Pflichten der Kontrollstelle kann bei entgangenen AHV-Beiträgen eine Schadenersatzpflicht gegenüber der Ausgleichskasse begründen.

 

 

Haftung der Erbinnen und Erben

Haftung der Erbinnen und Erben von Organen der Arbeitgeberfirma

Die Schadenersatzforderung der Ausgleichskasse geht auf die Erben und Erbinnen des haftpflichtigen Organs über, wenn sie die Erbschaft angenommen haben. Da die Erben für die Erbschaftsschulden des verstorbenen Organs solidarisch haften, entscheidet die Ausgleichskasse, ob sie gegen einzelne Erben für einen Teil des Schadens oder den ganzen Betrag der Schadenersatzforderung vorgehen will.